Meine Hypothese in diesem Zusammenhang lautet wie folgt: es ist nicht so, dass uns die Autofahrer nicht sehen würden. Sie wollen uns häufig nicht sehen! Ob das ein bewusstes 'nicht Wahrnehmen' ist, oder ein unterbewusstes Ausblenden, vielleicht weil man gerade eh schon überfordert ist?
Seit einiger Zeit habe ich auf meinen Wegen mit dem Rad ab und zu eine Kamera dabei und filme. Hierbei habe ich inzwischen einige typische Szenen eingefangen, bei denen ich zum Teil am hellen Tag oder nachts mit funktionierendem, angeschaltetem und nach StVZO zulässigem Licht unterwegs war. Dennoch wird mir einfach die Vorfahrt genommen.
Allein die Tatsache, dass man im Grunde als Radler immer darauf vorbereitet ist auf derartige Szenen, rettet einen dann vor dem Crash. Dieser wäre ja selbst im glimpflichsten Fall immer mit Schmerzen verbunden. Häufig hilfreich auch ein kräftiger Schrei, denn nur mit der Klingel dringt man in diesen Fällen nicht durch. Und so besteht zumindest der Hauch einer Chance, dass der Autofahrer bemerkt, dass er nicht im Recht war und es auch nicht sein Verdienst, dass glücklicherweise nichts passiert ist.
In einem Video sind 3 derartige Szenen aneinandergereiht, die sich tatsächlich innerhalb von weniger als 24h ereignet haben.
In dem anderen Film mit der Szene im Kreisverkehr kann ich es mir dann doch nicht verkneifen, den Fahrer an der nächsten roten Ampel noch anzusprechen, worauf mich dieser anraunzt, er hätte mich halt nicht gesehen, ich solle mich nicht so aufregen.
Schaut euch die Szene an - kann der mich nicht gesehen haben? Ich bin halt mit 1,90 etwas klein geraten und hätte anstatt leuchtend-Rot vielleicht eine etwas auffälliger gefärbte Jacke tragen sollen und natürlich Warnweste, Reflektoren und was auch immer noch möglich ist.
Ich weiß nicht, ob nicht manche Leute hinterm Steuer einfach schlicht damit überfordert sind, nicht nur auf andere Autos, sondern auch noch auf Radler und Fußgänger achten zu müssen. Oder ob es einfach so ist, dass wir ja eh nur Rambo-Radler sind, weil schon der Herr Ramsauer ja gerne die Radler so abgestempelt hat. Und wenn schon dem Verkehrsminister die Radler nicht so wichtig sind, können sie mir als Autofahrer ja auch egal sein.
Anstatt die Nichtautofahrenden im Verkehr mit immer mehr Reflektoren zu behängen, wäre es an der Zeit an den wirklichen Ursachen der vielen furchtbaren Unfälle zu arbeiten, nämlich am Autoverkehr. Das ist sicherlich nicht so einfach wie ein paar Warnwesten zu spenden, aber am Ende wirksamer.
Bis sich hier etwas verbessert, bleibe ich auf jeden Fall hyper-aufmerksam und achte darauf, dass ich immer gut bei Stimme bin!
Bei solchen Fällen habe ich oft den Eindruck, dass derjenige einfach abgelenkt, mit den Gedanken woanders, unkonzentriert oder einfach überfordert ist. Da würde wohl oftmals auch eine Weihnachtsbaumbeleuchtung nix ändern. ;)
AntwortenLöschenInteressant finde ich, dass ich im Dunkeln deutlich seltener "übersehen" werde und in aller Regel auch noch deutlich vorsichtiger und mit größerem Abstand überholt werde als tagsüber. Dabei hab ich am RR und MTB nur ein paar Speichensticks, nach hinten ein paar Pedalreflektoren (wenn sie sich nicht mal wieder irgendwo im Wald verabschiedet haben...) und ein gutes StVO-Front- und Rücklicht. An meinen Radjacken sind zwar auch ein paar zierliche Reflektorstreifen; die vor allem nach hinten aber meist vom Rucksack verdeckt sind. Trotzdem hab ich im Dunkeln nur ganz selten richtig was zu meckern.
Der regelm. Schrei nach "Wahnwesten" und sonstigem unnützen Krempel wie Helmen verfolgt m. E. wirklich nur ein Ziel: Die Gewinne von KFZ-Haftpflichtversicherern zu erhöhen, indem man wegen "Mitverschuldens" Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche senkt. Bei Dooring-Unfällen ist es z. B. ja auch ganz selbstverständlich, den Radfahrer wegen fehlenden "Sicherheitsabstands" mithaften zu lassen; auch wenn es den § 14 StVO und sowas wie "Schutzstreifen" und Rechtsfahrgebot gibt.
Der KFZ-Verkehr ist in der Gleichung halt als Konstante gesetzt - also wird halt weiter an den Variablen (wie Mithaftung wegen "Unsichtbarkeit", fehlendem Helm usw.) rumgeschraubt. Vicitim-Blaming gegen Radfahrer geht in einer Autofahrer-Gesellschaft sowieso immer!
Ich kann dir nur zustimmen. Beim Thema Dooring muss ich auch immer dran denken, wie sehr sich Radler an den Fahrbahnrand und damit in die Dooring-Zone drängen lassen - selbst in Fahrradstraßen. Und die Polizei erklärt Kindern in Kindergärten und Grundschulen noch immer, sie müssten so weit wie möglich rechts fahren auf der Straße...
LöschenDas macht die "Mithaftung" ja eben besonders zynisch. Denn man bekommt es ja wie du richtig anmerkst nicht anders beigebracht und man befolgt eigentlich ja auch nur das (konkrete) Rechtsfahrgebot aus der StVO. Den meisten Radfahrern fehlt ja schon das Selbstbewusstsein, überhaupt auf der Fahrbahn zu fahren. Dass sie sich dann regelm. vom fließenden Verkehr weit nach rechts abdrängen lassen - ist zwar verkehrt; aber nachvollziehbar. Man "verstößt" also eigentlich gegen keine konkrete Rechtsnorm, im Gegensatz zu dem, der die Tür konkret rechtswidrig unachtsam aufmacht. Und hat trotzdem "Mitschuld". Wegen eines aus § 1 StVO abgeleiteten und fehlgedeuteten "Sicherheitsabstands" - denn wer soll denn durch jenen überhaupt geschützt werden - Täter oder Opfer...? Die KFZ-Haftpflichtversicherung spart dann mal wieder Geld; mit Pech darf man dann auch noch (die oftmals teureren) Schäden an der Tür bezahlen...! So ist das halt in einer Autofahrerjustiz.
LöschenDeshalb wird halt ständig nach weiteren Vorwänden gesucht, Radfahrern Mitschuld anzulasten. Ich bin z. B. auch mal gespannt, wie die Rechtsprechung aussehen wird, wenn die Helmtragequote weiter ansteigt.
Da sprichst du natürlich einen weiteren kritischen Punkt an, an den ich auch schon denken musste. Wenn mit zunehmender Helmtragequote ein verunfallter Radler zukünftig eine Mitverantwortung bekommt vor Gericht, wenn es zu Kopfverletzungen kam. Da bekommt man das ganz große Grausen!
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