Karlsruhe

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Mittwoch, 8. März 2017

Fahrradinfrastruktur in Karlsruhe

Als ich vor einiger Zeit mit dem Fahrrad durch Karlsruhe fuhr, bin ich über den Gedanken gestolpert, dass ich eigentlich nur noch sehr selten auf wirklich neue echte Fahrradinfrastruktur für den Radverkehr stoße. Die allermeisten Maßnahmen sind nur Minimalanpassung mit Farbe und Schildern. Eine weitergreifende Strategie oder ein langfristiges Ziel scheint mir nicht erkennbar.
Von der Reinholf-Frank-Straße Richtung Osten gibt es diesen Fahrradweg, der viel zu schmal ist - darf ich denn als Radler nicht überholen? - und dann genau an der Stelle endet, wo es brenzlig wird, wenn ich bis zum Ende der Benutzungspflicht nachkomme. Soll ich hier womöglich noch anhalten, bevor ich weiterfahren darf, weil von hinten die Autos anrollen? Wenige Meter später ist die Straße als Fahrradstraße ausgewiesen - warum nicht schon hier? Die beiden Radler fahren hier nicht regelkonform, aber genau so, wie man hier fahren muss, damit es sicher ist.

Der Blick in die Gegenrichtung - Wieder rechts ein benutzungspflichtiger Radweg, der praktisch nie benutzbar ist, weil er fast immer zugeparkt ist. Leider habe ich kein Video zum Entstehen der Situation - auf dem hätte man nämlich gesehen, wie der Jeep zuvor die beiden Radler viel zu knapp überholt (auf Kinder kann man Rücksicht nehmen, muss man aber doch nicht unbedingt, oder?) und sich dann so hinstellt, dass die beiden Mühe haben die Aufstellzone für Radler an der Ampel zu erreichen.
Anstatt echte Änderungen an der Infrastruktur durchzuführen, die womöglich auch den Autoverkehr einschränken könnten oder geschützte Fahrradwege entstehen ließen, wird irgendwo mit etwas Farbe und ein paar neuen Schildern mal wieder eine neue Fahrradstraße eröffnet (grundsätzlich keine schlechte Maßnahme) oder es werden ein paar Fahrradwege auf die Straße gepinselt - mal mehr oder weniger gelungen!
Auf der anderen Seite der Reinhold-Frank-Straße ist dieser geniale Schutzstreifen entstanden. Scheinbar soll man vorher von der Straße auf den Gehweg wechseln, um dann ordnungsgemäß auf dem Schutzstreifen weiter zu fahren. Ganz toll wird das, wenn in Verlängerung der hier parkenden Autos weitere Fahrzeuge den Schutzstreifen links flankieren - dann geht es voll durch die 'Dooring'-Zone

Anschließend wird sich aber dann aber auch nicht darum gekümmert, ob die Maßnahmen auch irgendwie positiv auf den Radverkehr auswirken. Ich habe jedenfalls bisher noch keinerlei Kontrollen beobachten können, ob sich z.B. in den Fahrradstraßen von Seiten der Autofahrer an die Regeln gehalten wird oder die Fahrradwege und -schutzstreifen nicht als Parkfläche missbraucht werden.
Zugegebenermaßen ist die Sophienstraße zu großen Teilen inzwischen Fahrradstraße. Wirklich gut funktioniert das aber fast nur in dem Bereich, in dem die Fahrspuren getrennt sind und damit die meisten Autofahrer doch einsichtig sind, dass hier nicht überholt werden kann. In dem Abschnitt zur Scheffelstraße hin, wird gerne wild geparkt, so dass man sich mit dem Fahrrad durchschlängeln muss. Rücksicht in der Fahrweise von Autofahrern ist eher selten zu beobachten. Kontrolldruck seitens der Stadt scheinbar Fehlanzeige.

Ich habe versucht die Bandbreite dieser Maßnahmen mit einigen Fotos zu dokumentieren, von denen bis auf eines alle innerhalb weniger 100 m aufgenommen wurden. Kein wirkliches Aushängeschild für Karlsruhe! Tatsächlich sind die meisten Fotos von der Sophienstraße irgendwo zwischen Scheffelstraße und Waldstraße. Nur eines von der Erbprinzenstraße - also auch nur einen Katzensprung entfernt. Die gezeigten Fotos sind übrigens zum Teil von Maßnahmen, die schon recht lange durchgeführt wurden - das ist mir bewusst. Ich habe sie deshalb ausgewählt, weil sie auf so kleinem Raum zu finden sind und mir symptomatisch erschienen.
Eine Maßnahme, die in Karlsruhe häufig zu finden ist und die ich auch nicht missen möchte, sind freigegebene Einbahnstraßen. Das ist aber heutzutage auch nichts Revolutionäres mehr und auch hier fehlen Kontrollen, denn es wird teils extrem rücksichtslos gefahren, nach dem Motto: Was hat denn der Radler hier verloren? Und auch noch in der falschen Richtung!

Es kommt mir so vor, als ob Karlsruhe sich bezüglich der Entwicklung des Radverkehrs inzwischen fast vollständig auf die per se existierende Bereitschaft der Bevölkerung verlässt, das Rad in der Stadt zu nutzen, anstatt selbst eigene Maßnahmen zu planen und umzusetzen, um z.B. dem Autoverkehr Fläche weg zu nehmen und den Menschen wieder zur Verfügung zu stellen. So wird man nicht Fahrradstadt #1 in Deutschlands Süden! 
Dieses Bild ist aus der Erbprinzenstraße, wo die City-Route Süd mit einem Schild angepriesen wird und dazu gibt es noch lustige grüne Piktogramme auf der Straße.






7 Kommentare:

  1. Noch eine Karlsruher Spezialität: Die beiden Fahrradstreifen in der Sophienstraße östlich der Reinhold-Frank-Straße liegen innerhalb der Zone 30, dort dürfte es eigentlich gar keine benutzungspflichtigen Sonderwege geben.

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  2. Es gibt faktisch in Karlsruhe nur wenige Meter echte Fahrradstraßen. Wenn Radfahrer an Einmündungen Vorfahrt gewähren müssen, ist es keine Fahrradstraße. Wenn die Straße für Autos abgesehen von Anliegern freigegeben ist, ist es keine Fahrradstraße. Wenn dort alles zugeparkt ist und man zwischen Dooring- und Ausparkzone dauernd ausweichen muss, ist es keine Fahrradstraße. Wenn dort regelmäßig Autofahrer mit überhöhter Geschwindigkeit toleriert werden und es kaum Kontrollen gibt, ist es keine Fahrradstraße.

    Die Radwege entlang der Moltkestraße, angeblich Haupt-Radroute, sind zudem viel zu schmal - man kann kaum überholen.

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  3. Ich war etwas unsicher, ob mein Eindruck zu subjektiv ist und ich vielleicht doch nur ein unverbesserlicher Nörgler bin. Jetzt fühle ich mich dann doch etwas bestätigt! :)

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  4. Noch ein besseres Beispiel. Am Mühlburger Tor, von der Kaiserallee commend in die Amalienstraße fahren. Da haben sie rechts so einen durchgezogenen Streifen hingemalt. Was für ein Schwachsinn. Wenn man links in die Kaiserstraße abbiegen will, kommt man mit Sicherheit dem Autoverkehr, welcher überholen will, in die Quere. Ich habe mir an dieser Stelle angewöhnt, mitten auf der Straße zu fahren...und dann so ein Mist.

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    1. Hallo Alexander, die Situation am Mühlburger Tor muss ich mir mal gezielt anschauen. Da komme ich nicht so häufig vorbei und muss mir das einfach mal vornehmen und dann auch ein paar Bilder machen.

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  5. Die ersten beiden Fotos zeigen in erster Linie Unfähigkeit auf Seiten der StVB. Ein Radfahrstreifen wird erst durch VZ237 zu einem solchen. In einer Tempo-30-Zone ist jedoch das Beschildern benutzungspflichtiger Radwege untersagt. Die Straßenpinselei allein ist kein Radfahrstreifen inkl. Halteverbot auf dem Streifen. De jure stellt das nur einen Seitenstreifen dar, auf dem sogar explizit geparkt werden darf. Die bessere Lösung (falls es denn dort überhaupt Pinseleien braucht, ich bin kein Karlsruher) wäre der Schutzstreifen gewesen. Der ist innerhalb von Tempo-30-Zonen zulässig und stellt bereits nur durch ein aufgepinseltes Sinnbild "Fahrrad" ein Parkverbot dar.

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  6. ich finde es schade das in Karlsruhe nicht direkt neue (vernünftige) Radwege geschaffen werden. wer schon mal mit dem Rad durch die city gefahren ist, der weiß wie schlecht die verkehrswege sind, ich rege mich jedes mal darüber auf.

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