Vor einigen Jahren habe ich zum ersten Mal davon gehört und
konnte es kaum glauben, dass man in Belgien vom Arbeitgeber Kilometer-Geld fürs Radlen ins Büro bekommt. Vor kurzem bin ich durch Zufall dann auf einen Bericht der European Cyclist's Federation ECF gestoßen, in dem die steuerliche Förderung der verschiedenen Verkehrsmittel für den Arbeitsweg in europäischen Ländern verglichen und in Bezug auf die Umweltfreundlichkeit bewertet wird. (Insgesamt sehr lesenswert übrigens, daher hier noch separat der Link: https://ecf.com/sites/ecf.com/files/141117-Commuting-Who-Pays-The-Bill_2.pdf)
Hier wird auch die belgische Regelung im Detail beschreibt, mit der die Nutzung
des Fahrrads für den Arbeitsweg gefördert wird und ich finde, das ist mal ein
echtes Pfund.
Bericht der ECF zu steuerlichen Regelungen für den Arbeitsweg (Quelle ECF) |
Während man in Deutschland hauptsächlich die Nutzung des Autos steuerlich unterstützt und nur ganz langsam Fortschritte macht, das Fahrrad auch hier als Verkehrsmittel anzusehen, ist man diesbezüglich bei unseren belgischen Nachbarn (und nicht nur dort) schon seit Jahren viel weiter. Interessant hier zu sehen, dass es im Vergleich nur Deutschland schafft, bei den verschiedenen Fördermaßnahmen keine einzige 4-Sterne Wertung zu bekommen.
Die direkte Gegenüberstellung der verschiedenen Regelungen mit einer Bewertung nach Sternen (Quelle: ECF) |
Damit ist aber noch lange nicht Ende der Fahnenstange. Eine
Firma kann ihren Mitarbeitern nämlich auch ein Firmenfahrrad stellen. Das geht
in Deutschland zwar inzwischen auch, aber bei uns entsteht dadurch wieder ein
steuerpflichtiger geldwerter Vorteil. In Belgien bleibt das Dienstfahrrad ebenfalls
steuerfrei für den Nutzer. Auch für den Arbeitgeber gibt einen zusätzlichen
Vorteil, da dieser nämlich sogar 120% der Kosten für das Fahrrad steuerlich
geltend machen kann. Hier also eine Subventionierung durch den Staat.
Stillstand in Deutschland - die Bilanz ist nicht nur durchwachsen, sondern zeigt auch wenig Entwicklung zum Besseren. (Quelle: ECF) |
Und es geht noch weiter: der Arbeitgeber kann nämlich den
gleichen Anrechnungssatz von 120% auch für Investitionen geltend
machen, die den radelnden Mitarbeitern zu Gute kommen. Beginnend von
vernünftigen Radabstellanlagen bis zu Duschen und Umkleiden. Diese Punkte
sollte man nicht unterschätzen. Ich bin in der glücklichen Situation, dass mein
Arbeitgeber diese Annehmlichkeiten geschaffen hat, ohne dafür vom Finanzamt gesondert
belohnt zu werden. Es ist viel wert, wenn man sein Fahrrad problemlos,
sicher und trocken abstellen kann, zudem sich frisch machen und umziehen kann,
wenn es notwendig ist.
Stellt man sich aber noch vor, dass man jetzt noch für’s
Radeln bezahlt wird. Da wären vermutlich doch eine ganze Menge mehr Leute
plötzlich dabei und würden das Auto zumindest meistens stehen lassen.
Auch die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel wird
gefördert und hier ist es für die Firmen sogar verpflichtend 75% der Kosten für
den Arbeitnehmer zu übernehmen. In der Praxis sieht es sogar so aus, dass die
Arbeitgeber wohl häufig die kompletten Kosten tragen.
Man stelle sich dieses Szenario in Deutschland vor. Wie
würde sich damit die Nutzung der Verkehrsmittel im Berufsverkehr ändern? Ich
könnte mir vorstellen, dass es eine ganze Menge Menschen zum Umdenken und dann
zum Umsteigen bringen würde. Wobei man sicher nicht außer Acht lassen darf, dass die steuerliche Förderung nicht alles ist. Zum einen ist der Fahrradanteil am Berufsverkehr in Belgien nicht höher als bei uns in Deutschland. Dagegen hat Dänemark hat auf den ersten Blick eine nur unwesentlich bessere Bewertung in der Übersichtstabelle im Vergleich zu Deutschland, aber eine mit 20% mehr als doppelt so hohe Quote bei der Nutzung des Fahrrads beim 'Commuting'.
Das belgische Szenario für mich persönlich durchgerechnet würde jedenfalls mit der Nutzung
von ÖPNV und Fahrrad für den Arbeitsweg, ein jährliches
Zusatzeinkommen von ca. 1000 Euro netto bedeuten. Damit könnte ich mich persönlich schon irgendwie anfreunden - entscheidend für mich ist es aber nicht. Klar, dass das Geld auch irgendwo
herkommen muss, aber wie wäre es mit einer Reduzierung der steuerlichen
Absetzbarkeit für die Entfernungskilometer mit dem Auto (man wird ja mal noch träumen dürfen!)?
Wer jetzt schreit, wer soll denn das alles bezahlen und das belastet die Wirtschaft zu sehr - hier der Vergleich in Belgien: 70 Mio. für die Radler-km, 4 Milliarden für Firmenautos. (Quelle: ECF) |
Wenn mein Arbeitgeber mir pro geradelten Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsplatz 0,22 € zahlen würde (netto zusätzlich zum Gehalt), käme da ganz schön was zusammen. Wäre natürlich toll, wenn wir diese belgische Regelung auch in Deutschland hätten. Zumal der Arbeitgeber ja auch was davon hat. Die zusätzlichen Unkosten für die nötige Infrastruktur (Abstellplätze, Duschen, Spinte, etc.) bekommt er vom Staat erstattet und gesunde, fitte Mitarbeiter bekommt er noch on-top. Was mich interessiert ist, ob das irgendwie kontrolliert wird, ob ein Mitarbeiter tatsächlich mit dem Rad kommt, oder nur das Geld einstreicht und weiterhin mit dem PKW kommt.
AntwortenLöschenWie stark das kontrolliert wird, kann ich dir nicht genau sagen. Allerdings bin ich demnächst noch mal bei Freunden in Belgien. Da kann ich ja mal nachfragen?
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