Karlsruhe

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Sonntag, 27. Juni 2021

War da was?

Eigentlich hätte ja schon genügt, dass es die erste CM nach langer Corona-Pause war, um einen kleinen Rückblick zu machen. Oder dass dann noch nach viel Regen in der Woche mal wieder genau zum Termin das Wetter wieder perfekt wird. Oder die Tatsache, dass auch ohne große Werbung in der Presse gleich wieder 380 Menschen mitgeradelt sind. All das hätte genügt, aber es gibt noch einiges mehr...

Fassen wir es mal kompakt zusammen: es war konfliktbeladen!

Eigentlich jammerschade, denn es waren doch eigentlich perfekte Voraussetzungen. Bestes Wetter, viele (zumindest zu Beginn noch) gutgelaunte Rader, aber von Beginn an war der Wurm drin. Und auch wenn ich nicht alle Ereignisse selbst beobachten konnte, gab es zwei Quellen für den Stress, der aufkam.

Eigentlich beste Voraussetzungen zum Start. Viele Teilnehmer in bester Laune. 

Von Beginn an schien die Polizei viel aggressiver als sonst. Auch wenn die Überholspur für die Polizeimotorräder nicht so gut freigehalten wurde wie meist, war es für mich unverständlich, warum es nötig war, mit Dauerhupe am Konvoi vorbei zu rasen, teilweise auch mit zugeschalteter Sirene. Haben die Beamten nicht wahrgenommen, wie viele auch sehr kleine Kinder mit dabei waren, teils auch selbst geradelt sind? Der Jüngste, den ich gesehen habe, war gerade mal 4 1/2! Alleine der Lärm, muss für die Kinder brutal gewesen sein. Ich empfand ihn schon als heftig und meine Ohren sind nicht mehr sooo toll.

Dazu kam es von Beginn an zu Stopps, weil offensichtlich Teilnehmer ermahnt oder sogar mit Bußgeldern belegt wurden, weil sie angeblich die Corona-Regeln nicht eingehalten hätten. Vom Ordnungsamt war vorgegeben worden, dass es keine generelle Maskenpflicht gibt, aber ohne Maske 1,5 m Abstand eingehalten werden müssen. Ganz ehrlich, war meine Beobachtung, dass die Regeln wirklich gut eingehalten wurden. Ich frage mich, ob die Polizei bei Demonstrationen der Corona-Leugner auch so konsequent vorgeht. Zudem verwundert mich, wie gut die Karlsruher Polizei plötzlich wissen will, wie viel 1,5 m sind, während man das bei Überholen von Radfahrern offensichtlich gar nicht kann. 

Man könnte meinen, dass man seitens der Polizei der CM von Beginn an, Knüppel zwischen die Speichen werfen wollte. Es ging extrem zäh. Später hieß es, dass die Tour für die ersten 3 km schon eine Stunde brauchte. Am Ende waren es für die gesamten 11,5 km über 2 Stunden.

Dummerweise gaben einige Teilnehmer der Polizei Gründe, um einzugreifen. Es ist zwar auch eine Auflage des Ordnungsamtes, dass unterwegs kein Alkohol getrunken werden soll und dass generell keine Glasflaschen mitgeführt werden sollen, aber das deckt sich auch mit der Einstellung der Vorbereiter. Ein Lastenrad, begleitet von einer gutgelaunten Truppe, hatte allerdings 2 Kisten Bier mit dabei. Offensichtlich waren sie darauf angesprochen worden und sie hatten zugesagt, erst nach der CM das Bier auszugeben. Allerdings leerten sich die Kisten sehr schnell und irgendwann griff hier die Polizei dann durch und schloss die Gruppe aus - berechtigterweise. 

Leider waren zu dem Zeitpunkt einige schon ziemlich angetrunken unterwegs und kurz vor dem Ziel ist dann auch direkt vor meinen Augen einer quasi stehend mit seinem Rad umgekippt und prompt ging auch die Flasche zu Bruch. Er selbst war nicht mehr in der Lage, die Scherben selbst wegzuräumen. Das haben ein anderer Ordner und ich gemacht. Ich wollte ihn dann schon rausschmeißen und habe ihm gesagt, dass er sein verda... Rad schiebend die letzten paar Meter zum Ziel bringen solle. Leider habe ich mich da nicht gegen den anderen Ordner durchgesetzt. 

Was wäre gewesen, wenn er beim Fahren gestürzt wäre oder ihm nur seine Bierflasche aus der Hand gerutscht wäre. Vermutlich wären andere auch gestürzt oder hätten sich einen Plattfuß gefahren. Auch wieder hier der Hinweis auf die vielen Kinder, die dabei waren, die man damit auch grob fahrlässig gefährdet.

Es ist zu befürchten, dass damit der Polizei die Munition geliefert wurde, mit der sie rückblickend ihr Vorgehen verteidigen werden. Und dass das Ordnungsamt entsprechend informiert wird, was für eine böse Truppe wir doch wären. In der gesamten Außenwirkung hat man der Sache einen Bärendienst erwiesen.

Wenn sich jemand daran stört, dass diese CM eben angemeldet ist, dann muss er nicht mitfahren. Jeder darf mitfahren und ist herzlich willkommen, aber es wäre dann einfach angebracht, sich an ein paar Regeln zu halten. Wenn man lieber wild fahren will, muss man das schlicht in einem anderen Rahmen machen.

Man darf gespannt sein, was jetzt seitens des Ordnungsamtes bei der nächsten Anmeldung vorgebracht wird und die Vorgehensweise der Polizei sollte dabei auf jeden Fall auch angesprochen werden, auch wenn unklar ist, wie gut man damit tatsächlich durchdringen wird. Denn leider ist es so, dass die Polizei Karlsruhe den Radverkehr schlicht nicht versteht oder verstehen will. Blöd ist, wenn man ihnen noch Argumente für ihre Position liefert. 

Insgesamt tut es mir auch leid für die Truppe vom Arbeitskreis Fahrradcampus, die sich sehr viel Arbeit gemacht hatte. Die nächste Vorbesprechung wird sicher auch interessant!

Es wird spannend, wie der ganze Ablauf jetzt für Juli sein wird.

4 Kommentare:

  1. 100% Zustimmung. Habe ich genauso empfunden und erlebt.

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  2. Es ist ein gängiges Problem bei Versammlungen aller Art, dass das Verhalten Einzelner auf die gesamte Versammlung bezogen wird. Wenn z.B. 2500 Menschen friedlichen gegen einen Naziaufmarsch demonstrieren und zwei betrunkene am Rande der Versammlungen Flaschen auf PolizistInnen werfen, heißt es ganz schnell "Anti-Nazi Demo nimmt unfriedlichen Verlauf" oder "Zwei Polizisten verletzt bei Anti-Nazi Demo".

    Pressearbeit machen und OrdnerInnen schulen sind denke ich wichtige Instrumente, um dem zu begegnen.

    Die Polizeimotorräder sind denke ich nochmal ein Thema für sich. Mein Gefühl ist, dass sie mehr gefährliche Situationen schaffen als verhüten. Falls ihr der gleichen Meinung seit, könntet ihr das Gespräch mit Polizei und Ordnungsamt suchen bzw. das Kooperationsgespräch bei der nächsten Anmeldung nutzen, oder, falls es nicht anders geht, den Polizeieinsatz vor dem Verwaltungsgericht als rechtswidrig feststellen lassen, weil ein solcher Einsatz dazu geeignet ist, Menschen von der Teilnahme an der Versammlung abzuschrecken.

    Zu Corona: Lasst uns halt Masken tragen, dann haben wir den Stress nicht und sind vor der Delta-Variante geschützt. Natürlich ist es ungerecht, wie die Polizei reagiert. Aber das Problem ist, dass sie sich gegenüber den sog. Querdenkern nicht durchsetzt und nichts anderes.

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    1. Danke für deine Rückmeldung.

      Das mit der Polizei war schon mal besser, wenn auch nicht wirklich gut. Aber die Rückmeldung an die Behörden müssen wir auf jeden Fall geben.

      Was das Thema Masken tragen betrifft, war ganz klar die Intention: lieber etwas vorsichtiger als zu leichtsinnig, eben wegen Delta-Variante. Ich hatte das eher so gemeint, dass die Vorgaben eigentlich sehr gut eingehalten worden sind und im Einzelfall mit Sicherheit genügt hätte, einen kurzen Hinweis zu geben, anstatt gleich Bußgelder zu verhängen.

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  3. Stimme bezüglich der Polizeimotorräder zu: Besonders den einen dauerhupenden älteren Kollegen fand ich unverantwortlich. Immer viel zu schnell, obwohl das gar nicht nötig war, dabei viel zu eng durch jede Lücke durchgedrückt und die Leute mehr gefährdet als geschützt. Insgesamt habe ich den Polizeieinsatz als schikanierend empfunden.

    Weiterhin ist uns die Dame mit dem Megafon unangenehm aufgefallen, die etwa ab der Hälfte der Strecke versuchte, die Leute zum Parolen skanideren zu motivieren. Das fand ich völlig deplatziert und gab der Veranstaltung eine komplett überflüssig aggressive Aura. M. E. erweist man sich mit solchen Aktionen einen Bärendienst, weil man sich in der Breite weniger anschlussfähig macht, zumal es ja auch inhaltlich gar nicht um das Abschalten von Kohlekraftwerken oder allgemeine Kapitalismuskritik gehen soll, sondern darum, Bewusstsein für den Radverkehr zu schaffen.

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