Überholen verboten!

Von Beginn an - nachdem ich hier in Karlsruhe zum Alltagsradler geworden bin - waren für mich das zu dichte Auffahren und das zu enge Überholen durch PKW-Fahrer das Hauptärgernis und mit der Auslöser, um diesen Blog zu starten. Schon recht früh gab es deshalb auch meinen Post über ein angebliches Überholverbot von Radlern durch Autos, der aber leider nur ein April-Scherz war. Tatsächlich war ich jetzt gerade selbst überrascht, wie oft ich das Thema schon aufgenommen habe, als ich mal durch die letzten Jahre durchgeblätter habe. Jetzt beweist eine Untersuchung des Berliner Tagesspiegels, dass es dafür auch gute Gründe gibt.

Tatsächlich wäre so ein Schild in einigen Straßen hier in Karlsruhe und anderswo durchaus angebracht, solange Autofahrer nicht kapieren, wann es möglich ist legal zu überholen und wann nicht.

Vor einigen Wochen habe ich schon mitbekommen, wie die Berliner Zeitung, die recht häufig und engagiert zu Fahrradthemen berichtet, eine Aktion anstieß, um echte Fakten dazu zu bekommen. Hierzu wurden Radler in Berlin gesucht, die an Ihren Rädern Messgeräte installiert bekamen, um den Überholabstand von Autos zu messen. Dabei wurde der Abstand vom linken Lenkerende zum Außenspiegel gemessen, gleichzeitig der Abstand des Radlers nach rechts, z.B. zu dort parkenden Autos.

Jetzt nach einigen Wochen und insgesamt über 17000 dokumentierten Überholvorgängen wurden die aufgearbeiteten Daten und Ergebnisse der Untersuchung veröffentlicht. Mit dabei einige erwartete Ergebnisse, aber auch einige Überraschungen. Mich hat dabei gefreut, dass diese Veröffentlichung auch bei großen Pressehäusern wie FAZ und Spiegel Resonanz gefunden hat und darüber berichtet wurde. Nur von Politikerseite habe ich bisher keine Reaktionen gehört. Von Seiten des BMVI erwarte ich hier eh kaum etwas Sinnvolles, solange dieses Haus CSU-geführt ist.

Das gilt vermutlich nicht nur in Berlin, auch wenn man davon ausgehen kann, dass die Karlsruher Autofahrer zumindest weitgehend im Umgang mit Radverkehr schon etwas weiter sind. Bild: Tagesspiegel

Es lohnt sich, den Bericht des Tagesspiegels durchzulesen. Das ist alles schön übersichtlich aufbereitet. Im Moment möchte ich nur drei Punkte herausgreifen:
- so zeigt es sich zumindest, dass unsere Mitbürger hinterm Steuer doch immerhin ein Herz für Kinder haben und in dem Fall sagenhafte 8,4 cm mehr Platz lassen beim Überholen als bei Erwachsenen. Chapeau!
- für ältere Menschen wurde nicht mehr Rücksicht genommen, vermutlich aber in guter Absicht, um dem demographischen Faktor etwas entgegenzuwirken.
- Es wurde noch einmal bestätigt, dass man sich als Radler keinen Gefallen tut, wenn man versucht sich rechts zu halten. Ihr gefährdet euch selber, weil ihr euch in die Dooring-Zone begebt und die Autofahrer quasi auffordert, ihr Überhol-Tourette nicht zu unterdrücken.
Bitte entschuldigt den Sarkasmus - aber der musste jetzt mal raus.

Ich denke, es wäre an der Zeit, dass dieser Mindestabstand beim Überholen in die StVO übernommen und darin festgeschrieben wird, zusammen mit einem deutlich angehobenen Bußgeld bei Zuwiderhandlungen. Dazu gehören endlich Kontrollen, die es anderswo ja schon seit Jahren gibt. Diese Kontrollen könnten zwei wichtige Sachen bewirken. Zum einen könnte damit ein Bewusstsein bei der Polizei entstehen, wie gefährlich und bedrohlich dieses Überholen ist und zum anderen bringt es natürlich das Risiko erwischt zu werden.

Wenn es nach mir ginge, würde ich aber bei entsprechenden Kontrollen auch gleich das zu dichte Auffahren mit aufnehmen. Denn es fühlt sich schlicht gar nicht gut an, wenn ein Auto oder noch 'besser' ein Bus oder LKW einem im Nacken sitzt und man denkt nur, wenn jetzt etwas passiert, hat der keine Chance rechtzeitig zu halten, um mich nicht zu überrollen.

Vielleicht kommt man dann doch noch an den Punkt, an dem man in bestimmten Bereichen das Überholen von Radlern durch Kraftfahrzeuge verbietet. Den Anfang kann man z.B. in Fahrradstraßen machen, gefolgt von Tempo 30-Zonen und dann sieht man weiter. Ich würde auch auf Urheberrechte für den Entwurf des Schilds verzichten, wenn aus dem ursprünglichen April-Scherz Realität würde. 

Hier noch einmal die Links zum Post:

https://interaktiv.tagesspiegel.de/radmesser/kapitel7.html

http://www.spiegel.de/auto/aktuell/berlin-mehr-als-die-haelfte-der-radfahrer-werden-zu-dicht-ueberholt-a-1241406.html

http://www.faz.net/aktuell/politik/datenprojekt-zu-wenig-ueberholabstand-zu-radfahrern-15919030.html

http://ka-radler.blogspot.com/2016/04/radfahrer-uberholen-verboten.html

http://ka-radler.blogspot.com/2016/09/neidisch-auf-die-nachbarn.html

http://ka-radler.blogspot.com/2016/08/sicherheitsabstand.html

https://www.theguardian.com/environment/bike-blog/2016/sep/16/undercover-bike-cops-launch-best-ever-cycle-safety-scheme-in-birmingham