Karlsruhe

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Mittwoch, 22. August 2018

Konflikte zwischen Fußgängern und Radlern entschärfen

Der Bereich zwischen der Kreuzung Erbprinzen-/Herrenstraße und dem Ende der südlichen Waldstraße, wo diese in die Sophienstraße mündet, ist vermutlich einer der verkehrsreichsten in Karlsruhe. Im Bereich bis zum Ludwigsplatz ist im Grunde Fußgängerzone, aber die Fußgänger müssen hier den Verkehrsraum mit Radlern, Autos und Motorrädern  teilen, was durchaus Konfliktpotential mit sich bringen kann.
Man muss schon sehr langsam fahren, damit nicht das grimmige Gesicht und die Aufforderung Langsam erscheint.

Zurzeit wird hier versucht in einem Projekt mit der Hochschule Karlsruhe die Situation für die Fußgänger zu entschärfen, wobei man das Hauptproblem offensichtlich bei zu schnellen und rücksichtlosen Radlern gesehen wird. Im Rahmen dieser Aktion stehen jetzt sehr auffällig große Displays im Bereich des Ludwigsplatzes, die auf die Geschwindigkeit der Radler reagieren und vermutlich abhängig von der Geschwindigkeit bekommt man entweder ein grünes lächelndes Smiley und ein Danke oder in Rot gehen die Mundwinkel nach unten und es erscheint die Aufforderung 'Langsam'.


Ein wesentlicher Anteil des Fahrradverkehrs über diese Strecke ist mit Sicherheit nur Durchgangsverkehr - von der Erbprinzenstraße kommend, ist das zumindest gefühlt der schnellste Weg weiter nach Westen oder umgekehrt natürlich in gleicher Weise. Insgesamt wäre es schon wünschenswert, wenn eine gute Alternative geboten würde, um den Bereich zu umfahren. Denn schnell voran kommt man hier meist nicht, zumindest wenn man ein Mindestmaß an Rücksichtnahme walten lässt, was nach meinen Beobachtungen, aber die meisten Radler tun.
So stellt sich die Stadt die Fahrradroute vor. Nicht wirklich überzeugend - zumindest bisher nicht. (Quelle: Stadt Karlsruhe)

Diese Alternative fehlt aber tatsächlich, denn die vorgeschlagene Umfahrung über die Herrenstraße hat einen ganz großen Haken in Form der zu querenden Karlstraße. Die Stadt Karlsruhe hat hierzu einige Aktionen durchgeführt, um die Alternative attracktiver zu machen und bewirbt diese auch auf ihrer Internetseite - diese Maßnahmen enden aber eben an der Ampel in der Amalienstraße und dort wird im Normalfall jeder Zeit- oder Komfortgewinn wieder kaputt gemacht. Da lockt dann doch die Route über den Ludwigsplatz - ohne Ampel über die dort nur 1-spurige Karlstraße und die Fußgänger- /Radlerampel über die Amalienstraße ist eh meist grün.

Die von der Stadt als Cityroute Süd ausgewiesene Alternative, hat aber auch noch einen weiteren erheblichen Fehler. Man geht scheinbar davon aus, dass die meisten Radler dann die Amalienstraße fahren und dann weiter entlang der Kaiserallee. Ich halte das für einen völligen Trugschluss. Der Großteil des Radverkehrs läuft nämlich stattdessen durch die südliche Waldstraße, um so die Sophienstraße zu erreichen, die eine viel angenehmere Ost-West-Achse bildet und immerhin inzwischen fast komplett als Fahrradstraße ausgewiesen ist. Für die südliche Waldstraße ist das allerdings auch eine Belastung und mancher Radler übersieht hier geflissentlich, dass die Straße als Spielstraße ausgewiesen ist. Allerdings muss ich auch hier gleich anmerken, dass wer hier die Radler als das Hauptproblem darstellen möchte, wohl übersieht, dass seit Jahren das illegale Parken hier sehr offensichtlich geduldet wird und man zudem mit der Öffnung der Sophienstraße zur Karlstraße eine Umgehungsstrecke für Autofahrer geschaffen wurde, die nicht an der Ampel warten wollen.
Ganz bestimmt auch nicht der Weisheit letzter Schluss, aber... die blaue Strecke funktioniert so eigentlich fast nur in Richtung Westen, umgeht aber die südliche Waldstraße. Die grüne Variante braucht halt die etwas unkonventionelle Querung der Karlstraße, um gleich dort in die Herrenstraße zu fahren. Wie man das vernünftig und sicher in der Praxis umsetzen könnte, weiß ich zugegebenermaßen auch nicht. Rot gekennzeichnet die bisher mehrheitlich bevorzugte Trasse über den Ludwigsplatz.

Jedenfalls bin ich die Standardroute über den Ludwigsplatz (ca. 570 m) abgefahren - im Plan rot gekennzeichnet. Die mitlaufende Kamera gab die benötigten Zeiten wieder - in dem Fall waren es 2:25 Minuten.
Dann noch einmal in Richtung Westen über Herrenstraße und Amalienstraße, dort mit Grüner Welle (ich konnte es kaum fassen, aber noch später mehr dazu!) über die Karlsstraße und gleich links abgebogen bis vor zur Sophienstraße - 2:13 Minuten. Im Vergleich zum direkten Weg über den belebten Ludwigsplatz ein Zeitvorteil von 12 Sekunden, der aber nur bei optimalem Timing funktioniert, wenn man eben zufällig gerade bei Grün an die Ampel kommt. Streckenlänge so 760m - die blaue Route im Plan.
Zurück habe ich mir die 'Mühe' gemacht, bin an der Einmündung der Sophienstraße in die Karlstraße angehalten und abgestiegen, habe mein Rad über die Straße und die Straßenbahngleise geschoben, um gegenüber direkt in die Herrenstraße zu fahren. Zeitbedarf hier: 2:10 Minuten. Wegemäßig auch kürzer mit dann doch nur 615 m.
Diese Strecke könnte durchaus eine Alternative sein, wenn hier eine Möglichkeit geschaffen werden könnte, mit möglichst wenig Aufwand und Zeitverlust die Karlstraße zu queren. Einfach wird das sicher nicht. Ich weiß nicht, wie die Lösung technisch aussehen könnte. Aber vielleicht muss man sich mal dran gewöhnen, dass die Zeit der ganz einfachen Lösungen, mit denen man niemandem was wegnehmen muss, vorbei sind. Sie hätte zudem den Vorteil, dass man hier dem Autoverkehr auf der Amalienstraße entgehen würde. Hier braucht es schon etwas gute Nerven, um auf der Straße zu fahren. Oft habe ich den Eindruck, je Innenstadt-näher, umso rücksichtsloser die Fahrweise vieler Autofahrer.

Zuletzt habe ich mal gestoppt, wie lange ich im dümmsten Fall durch die Ampel über die Karlsstraße verliere. Von Westen Richtung Osten halte ich also zunächst auf Höhe der Waldstraße an der roten Ampel. Diese wird dann nach geschlagenen 1:50 Minuten endlich grün, immerhin zusammen mit der Ampel über die Karlstraße.
In der Gegenrichtung wird es noch schlimmer. Hier dauert es 1:55 Minuten bis die Ampel umschaltet, schließlich muss erst noch eine Straßenbahn durch. Das Blöde ist dann nur, dass ich im Falle, dass ich tatsächlich der Cityroute Süd folgen will, direkt danach an der Fußgängerampel wieder warten muss. Am Ende haben sich über 3 Minuten aufsummiert, bis ich diese Hürde überwunden habe.
Mögliche Zeitvorteile aus den oben beschriebenen Routen sind also mehr als nur aufgebraucht.

Bei den Aufstellern, die mit freundlichem bzw. bösem Gesicht auf Fehlverhalten aufmerksam machen sollen, bin ich in Bezug auf die Wirksamkeit äußerst skeptisch.
Mir ist aufgefallen, dass man wirklich sehr langsam fahren muss für ein positives Feedback. Bei welcher Geschwindigkeit hier die Grenze gezogen wird, ist aber leider auch völlig intransparent.
Zudem ist die vertretbare Geschwindigkeit ja auch von der aktuellen Situation abhängig. Häufig ist es hier absolut vertretbar schneller (das heißt nicht schnell!) zu fahren, ohne damit jemanden zu stören oder gar zu gefährden. Ich befürchte hier eher, dass dann bei wenig Betrieb, bei den Leuten ankommt, dass fast alle 'zu schnell' fahren, obwohl das faktisch nicht zutrifft.

Liebe Stadt Karlsruhe: wenn ihr weniger Radler in dem Bereich haben wollt, dann schafft eine echte Alternative, in dem eine schnelle Querung der Karlstraße ermöglicht wird. Solange man dort minutenlang warten muss, wird sich nichts ändern. Ich weiß, dass das nicht mit einer einfachen Lösung zu erreichen ist und vermutlich Widerstand zu erwarten ist. Schließlich wollen die Auto-Poser möglichst bequem hier ihre Runden drehen können.

Hier nochmals die Links aus dem Artikel:

https://www.karlsruhe.de/b3/verkehr/radverkehr/radnetz/cityrouten/cityroutesued

http://www.imm.hs-karlsruhe.de/gokarlsruhe/realexperiment-waldstrasse/

https://presse.karlsruhe.de/db/stadtzeitung/jahr2018/woche32/wissenschaft_neues_reallabor.html


11 Kommentare:

  1. Sehr gut geschildert. Meiner Ansicht nach ergibt nur die rote Strecke wirklich einen Sinn. Gerade weil viele wie genannt aus der Sophienstraße kommen und zur Uni wollen (oder andersherum). Die Ampel an der Kreuzung von Waldstraße und Zirkel ist aus der Waldstraße kommend zwar eine absolute Farce, aber spätestens wenn man auf die Herrenstraße wechselt kommt man gut durch. Ich finde Sophienstraße sollte soweit wie möglich Fahrradstraße werden (mit angmessener Ampelschaltung an der Reinhold-Frank-Straße). Ich sehe auch nicht dass Problem die südliche Waldstraße zu einer Fahrradstraße umzubauen. Was spricht gegen die Führung eines zweirichtungs- Radweg der auf der Mitte der Waldstraße geführt wird? Breit genug ist sie und es kommt zu weniger Konflikten zw. Fuß- und Radverkehr weil jeder einen eigenen Bereich hat. Liefer- und Anwohnerverkehr werden trotzdem eine Ausnahmeregelung bekommen können.

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    1. Der Zirkel (insbesondere als ausgewiesene Fahrradstraße) ist eigentlich Thema genug für mehr als einen Post.
      Die Querung der Reinhold-Frank-Straße mit seiner unsäglichen Ampelschaltung ebenso.

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  2. Angeblich sollen die Warntafeln ab 12 km/h reagieren. Das kann ich mangels Tacho nicht widerlegen, ich glaube aber, dass das Tempo eher bei 7 bis 10 km/h angesetzt ist. Eine Geschwindigkeit, die auf dem Rad nur kurzzeitig und für Geübte machbar ist.
    Interessant zu wissen wäre, ob die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit aufgezeichnet wird, oder nur, ob es einen Smiley gab. Und, ob die Messung auch auf Kfz reagiert, die Fußgänger ja viel weniger stören, jedenfalls wird fast immer automatisch eine Gasse gebildet.

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    1. Ich kann es auch nur schätzen, stimme dir aber mit deinen genannten Werten zu.
      Eh schwierig abzuschätzen, wie gut die Messung in dem Gewusel überhaupt sein kann.
      Und Nein, eine Anzeige der tatsächlich gemessenen (nicht unbedingt gefahrenen) Geschwindigkeit gibt es nicht, sondern nur GUT oder BÖSE!

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  3. Übrigens, Respekt für die Messfahrten! Ich bin heute morgen wegen einem Schwertransport an der Baustelle neben Bratar auch die blaue Linie gefahren und hatte zufällig grüne Welle.

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    1. Ich habe da zwar die Videos noch geschnitten und dachte auch dran die mit zu posten. Aber es gibt kaum was Langweiligeres als an einer Ampel zu warten - außer vielleicht ein Video zu schauen, wie einer an einer Ampel wartet! ;) Zudem war ich nicht in der Lage eine Zeitraffer-Funktion im Bearbeitungsprogramm zu finden...

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  4. Die einzigste vernünftige Lösung in diesem Bereich wäre der direkte Weg von der Herrenstraße über die Schienen hinweg in die Sophienstraße und umgekehrt. Dazu müsste aber die Herrenstraße ab der Amalienstraße für den Fahrradverkehr freigegeben werden. Das hatte ich schon mal bei der Stadt Karlsruhe angeregt. Hier wurde mir geantwortet, dass dies im Zuge des Umbaus des Krieg Straßen Tunnels geplant ist.

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    1. Das ist auch meiner Meinung nach die beste Alternative. Schön zu hören dass die Freigabe der Herrenstraße für den Radverkehr in südlicher Richtung ab Amalienstraße bereits geplant ist.

      Ich komme aus der Südweststadt und bevorzuge schon seit geraumer Zeit die Strecke Leopoldstraße, Kriegsstraße, Herrenstraße auf meinem Weg in die Innenstadt. Wäre toll wenn diese Strecke auch in umgekehrter Richtung (dann über die Gartenstraße statt Leopoldstraße) möglich wäre.

      Den Bereich um den Ludwigsplatz versuche ich mit dem Fahrrad möglichst zu vermeiden.

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    2. Das wäre natürlich nicht schlecht, wenn spätestens im Rahmen dieser Baumaßnahmen in der Kriegstraße hier eine Lösung käme, um an der Stelle möglichst problemlos und ohne Zeitverlust queren zu können.

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    3. Das sehe ich auch so! Eine Kreuzung der Karlstraße könnte meines Erachtens hier ähnlich aussehen, wie die Kreuzung der Kriegsstraße mit der Hirschstraße - dort finde ich das sehr gut gelöst, dass es eine recht lang anhaltende Grüne Ampelschaltung gibt.

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    4. Ein wenig aufwendiger wird es hier nach meiner Einschätzung schon, weil hier noch der Gleiskörper dazwischen ist, aber dennoch sicherlich machbar.
      Ansonsten hat der Übergang der Hirsch- über die Kriegstraße nach meiner Einschätzung vor allem im dümmsten Fall sehr lange Rot. Oder meinst du die Ampel über die Amalienstraße?!
      Vielleicht muss man hier mal etwas weiter denken als nur an Lösungen, die es schon gibt, und bei denen der Nicht-Autoverkehr nur nicht übermäßig benachteiligt wird.

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