Karlsruhe

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Dienstag, 15. Dezember 2015

Was will der KVV?

Karlsruhe hat einen ÖPNV, der stark durch die Straßenbahnen geprägt ist und der sich international einiges an Renommée erworben hat. Eine Besonderheit, die für viele Radfahrer sehr wichtig ist und auch beim letzten ADFCFahrradklimatest Karlsruhe viele Punkte eingebracht hat, ist die unentgeltliche Fahrradmitnahme in den Zügen des KVV. Es gibt hier nur die Einschränkung, dass an Werktagen zwischen 6 und 9h morgens die Fahrradmitnahme nicht möglich ist.


Vor einigen Jahren wollte ich für meinen Arbeitsweg von ca. 20 km vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Die Verbindung zu meinem Arbeitsplatz ist recht gut, so dass ich den Weg praktisch ohne Zeitverlust und zudem entspannter und deutlich umweltfreundlicher zurück legen konnte. Die Regelung für die Fahrradmitnahme in den Morgenstunden schien mir aber ein nicht unwesentliches Hindernis.

Damals wurde mir von mehreren Leute versichert, dass die Fahradmitnahme in den Zügen, die sehr leer sind, weil sie z.B. aus der Stadt herausfahren, toleriert würde. Mit dieser Aussage habe ich dann die Entscheidung getroffen und fahre nunmehr seit 4 Jahren nur noch mit der Bahn. Immer dabei mein Fahrrad.



Es zeigte sich, dass ich nicht der Einzige bin, der - offensichtlich geduldet - morgens sein Fahrrad mit dabei hat. Die Züge waren immer recht leer, so dass Platz kein Problem war. Auch bei Kontrollen gab es nie Beanstandungen. So habe ich mich sehr gut mit der Situation arrangiert und war froh den Wegn nicht mehr mit dem Auto machen zu müssen. Alles war gut!
 

Dann im Sommer dieses Jahres scheint sich plötzlich alles zu ändern. Ende Juli verweigert der Fahrer einer S-Bahn mehreren Kunden die Mitnahme der Fahrräder. Sie bleiben auf dem Bahnsteig am Hauptbahnhof zurück. Im Nachhinein habe ich von den Betroffenen gehört, dass die Ansprache durch den Fahrer dabei in sehr ruppigem Ton erfolgte. Am gleichen Tag werde ich beim Aussteigen über die Außenlautsprecher vom Fahrer angeblafft: 'Ab dem nächsten Monat ist das verboten!'. 
Als ich mich erkundigen will, was denn plötzlich los sei, finde ich beim KVV Null Info. Bei KA-News.de war ein Artikel zu finden, in dem beschrieben wurde, was denn da auf die Radfahrer zukommt.


Erst am 30. Juli, also zwei Tage vor Inkrafttreten einer neuen Regelung, nach der die nicht genehmigte Fahrradmitnahme mit 20 Euro Bußgeld belegt werden soll, kommt dann die Pressemitteilung vom KVV. Unter der Überschrift 'Schwarzfahren kostet seit 1. August 60 Euro' kommt im zweiten Teil die Info zur Fahrradmitnahme und dazu noch ein Angebot, dass bis Ende des Jahres 2015 der Kauf eines neuen Faltrads mit 100 Euro bezuschusst wird. Die dürfen nämlich uneingeschränkt in Bussen und Bahnen mitgenommen werden.

Ein tolles Angebot eigentlich, der Zuschuss zu einem Faltrad, aber wie um alles in der Welt, soll ich mir mit Info am 30. Juli rechtzeitig bis zum 1. August ein neues Faltrad kaufen, um dann tatsächlich legal unterwegs zu sein. 
 


In der Woche nach Inkrafttreten der neuen Regelung werde ich dann tatsächlich selbst auf dem Bahnsteig mit 'vollendeten' Manieren von einem Kontrolleur angesprochen, ich solle mir nicht erlauben zu versuchen, den Zug mit dem Fahrrad zu besteigen. Auch der Versuch würde bereits mit dem Bußgeld von 20 Euro bestraft. 

Jetzt stoße ich nur durch Zufall auf eine weitere Volte des KVV zu dem Thema. Am 4.12. gab es eine weitere Pressemitteilung, dass es plötzlich eine  neue Fahrkarte  gibt, mit der man jetzt das Fahrrad wie bei den Zügen der Bahn auch morgens zwischen 6 und 9 Uhr wieder mitnehmen kann.

Ich weiß, dass meine Sichtweise hier extrem subjektiv ist, weil ich einfach von der tolerierten Mitnahme der Fahrräder profitiert habe und ich mich jetzt wirklich fragen muss, wie mein Arbeitsweg in Zukunft aussehen soll. Da es weder am Hauptbahnhof, noch an meinem Zielort ausreichende Möglichkeiten zum sicheren Abstellen eines Fahrrads gibt, muss ich entweder mir ein Faltrad kaufen oder ich muss wieder mit dem Auto fahren. Oder ich bezahle zusätzlich zu den fast 1000 Euro jährlich für das Abo noch einmal fast 500 Euro für das Rad.
Ich weiß aber auch, dass ich nicht der Einzige bin, für den sich die bisherige Möglichkeit zu seinem Arbeitsplatz zu kommen, komplett zerschlägt oder inakzeptabel teuer wird.

Im Grunde wäre ich aber schon zufrieden, wenn ich wüsste, was der KVV tatsächlich will und vielleicht in Zukunft das dann seinen Kunden auch mit etwas Vorlauf mitteilen würde. Dann kann man sich z.B. mit dem Angebot des Faltrad-Kaufs ein bisschen auseinandersetzen oder nach sonstigen Alternativen schauen. Im Moment mache ich mir ja schon Sorgen, ob ich - sollte ich mir jetzt doch noch ein Faltrad kaufen - nicht Gefahr laufe, dass in einem halben Jahr wieder alles anders ist und Falträder dann auch nicht mehr mit dürfen. Dann gebe ich mein Abo aber auf jeden Fall zurück, versprochen!

Und ich bin mir auch recht sicher, dass beim nächsten Fahrradklimatest meine Note für die Rubrik Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln einen Ticken schlechter ausfallen wird als beim letzten Mal.

2 Kommentare:

  1. "Aus Platzmangel und aus Sicherheitsgründen ist es montags bis freitags im morgendlichen Berufsverkehr zwischen 6 und 9 Uhr leider nicht möglich, Fahrräder in den Stadtbahnen, Straßenbahnen und Bussen im KVV mitzunehmen." So die Mitteilung der KVV Ende Juli. Ich wohne in Grünwettersbach, fahre jeden Tag mit dem Rad in die Stadt. Die Busse der KVV, die mir morgens zwischen 6-9 Uhr entgegenkommen, d.h. in die Bergdörfer fahren, sind gähnend leer. Darin haben viele Räder Platz, es herrscht weder Platzmangel noch sprechen Sicherheitsgründe gegen die Fahrradmitnahme. Wieso also keine Räder mitnehmen? Wer weiß, vielleicht gibt es auch für diese Busse, die sozusagen gegen den Strom schwimmen, bald ein Ticket, dass man Räder gegen Bezahlung doch mitnehmen kann.

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    1. Zu dem Thema Mitnahme in Bussen will ich mal noch etwas ausführlicher etwas machen. Da scheint nämlich die blanke Willkür zu herrschen. Eine Bekannte, die in Stupferich wohnt und viel mit dem Rad fährt, wünscht sich manchmal schon auf dem Heimweg den Bus nehmen zu können, weil sie sonst auf der Straße hoch fahren muss. Die Begründungen sind teilweise hanebüchen, warum sie nicht mit darf, oder unterwegs wieder aussteigen muss. Dabei häufig noch begleitet von hämischen Kommentaren.

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