Karlsruhe

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Mittwoch, 15. Juli 2020

Verpasste Chancen in Karlsruhe?!

Nach Wochen, in denen durch die Corona-Beschränkungen kaum Autos in der Stadt gefahren sind und damit das zu Fuß gehen und radfahren plötzlich viel stressfreier, angenehmer und sicherer waren, sieht die Situation inzwischen schon wieder ganz anders aus. Die Stadt ist wieder voller Autos - fast wieder zurück beim alten unseligen Normal, nur gefühlt teils noch aggressiver seitens der Autofahrer, die wohl zuerst das verloren gesehene Terrain zurück erobern wollten.
Das vom inneren Ring in Brüssel umschlossene Gebiet wird am dem 11. Mai eine Vorrangzone für Fußgänger und Radler werden. Tempolimit für motorisierten Verkehr in dem Bereich: T20!!!
Die schönen Seiten der Pandemie sind also schon wieder seit längerem vorbei und man hat den Eindruck, als ob die Stadt Karlsruhe einige wichtige Chancen hätte verstreichen lassen. Während selbst in Städten wie Berlin reihenweise provisorisch Fahrbahnen in Radwege umgewandelt werden (auch um den Menschen die Chance zu geben, Abstandsregeln einzuhalten), gab es in Karlsruhe von OB Mentrup auf eine Anfrage auf dem Bürgerbeteiligungsportal eine Absage für derartige Maßnahmen. Während in Brüssel der gesamte Innenstadtbereich in eine Vorrangzone für Fußgänger und Radfahrer verwandelt wird, nutzt Karlsruhe diese Möglichkeit scheinbar überhaupt nicht.
Die Anfrage #100 auf dem Bürgerbeteiligungsportal der Stadt. Sehr viele Zustimmungen im Vergleich zu den anderen Anfragen.

Sicherlich hat Karlsruhe weniger Möglichkeiten komplette Fahrbahnen abzutrennen wie Berlin, und sicher verstehe ich, dass die Corona-Krise zu einer besonderen Belastung für viele Behörden geworden ist. Dennoch würden mir spontan ein paar Möglichkeiten einfallen, wie man Einschränkungen für den Autoverkehr jetzt als (zunächst) provisorische Maßnahme einführen könnte. Im besten Fall, wenn es sich bewährt, diese aber dann dauerhaft beibehalten könnte.
Ganz bestimmt haben die Behörden der Stadt in den letzten Wochen eine hohe Belastung. Aber in anderen Städten gab es doch auch freie Kapazitäten, um Verbesserungen für den sauberen Verkehr aus dem Boden zu stampfen?!

Es wäre sehr bedauerlich, wenn Karlsruhe diese sich aktuell ergebenden Chancen verstreichen ließe. Auch weil zu befürchten ist, dass gerade die öffentlichen Verkehrsmittel in der nächsten Zeit von den Menschen eher gemieden werden. Dann sollten die Anreize maximal hoch sein, zu Fuß zu gehen oder das Rad zu nehmen, wenn man Angst hat mit Bus oder Bahn zu fahren, damit die Corona-Krise zur Chance für die Verkehrswende werden kann und nicht zum Todesstoß, wie die FAZ gar befürchtet. Jetzt besteht doch die Chance Maßnahmen umzusetzen, die noch vor einigen Wochen vielen als zu radikal erschienen wären. Im Moment wäre die Akzeptanz da und dann könnte es passieren, wie in Friedrichshain in Berlin, dass die Menschen merken, wie angenehm das sein kann und wollen die Provisorien behalten.

In diese etwas frustrierte Stimmung platzt die BNN mit Neuigkeiten von der Stadt, die doch gleich aufhorchen lassen. Separate Radspuren in Baumeister- und großen Teilen der Hans-Thoma-Straße, ebenso in der Siemensallee! Und dann - wer hatte noch dran geglaubt? - sollen endlich die Parkplätze in der südlichen Waldstraße entfallen! Endlich haben es die ansässigen Geschäftsleute verstanden, dass ihnen das am Ende zu Gute kommen wird. Man will hoffen, dass der Lerneffekt bei anderen mit diesem Beispiel vor Augen dann etwas schneller erfolgen wird. Wenn dann, mit dem angekündigten Druck der Grünen, bei der nächsten Gemeinderatssitzung noch etwas mehr käme und das vielleicht auch schneller umgesetzt würde, würde ich mich nicht beklagen.

Ich denke, dass viele Menschen in der Stadt es sehr begrüßen würden, wenn der Radverkehrsplaner Ulrich Wagner und sein Team da noch etwas mehr Freiraum und Mittel bekämen, um wichtige Veränderungen voranzubringen, damit die Frage im Titel nach den verpassten Chancen doch noch mit Nein beantwortet werden kann. Man darf sich da aber gerne weiter an Städten ein Beispiel nehmen, in denen diese Entwicklungen zurzeit eine unglaubliche Dynamik zeigen. Paris könnte man hier noch anführen, wo gerade die dafür verantwortliche Bürgermeisterin, Anne Hidalgo, wieder gewählt wurde. Hier wähnt man sich scheinbar an manchen Stellen schon in Amsterdam.

Links:



http://ka-radler.blogspot.com/2020/03/ein-bisschen-bogota-in-karlsruhe.html

http://ka-radler.blogspot.com/2020/04/provisorischer-modalfilter-in-karlsruhe.html

https://www.morgenpost.de/berlin/article228973465/Verbaende-kritisieren-Berliner-Pop-up-Radwege.html

https://www.derstandard.de/story/2000117208484/stuttgart-move-over-motorstadt

https://twitter.com/StefanLeifert/status/1258024230328963072

https://www.adac.de/news/bruessel-autofrei/


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