Karlsruhe

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Freitag, 17. Februar 2017

Praxistest Auto - Gastbeitrag

Es gibt Situationen, denen selbst ein Lastenrad nicht so einfach gewachsen ist - ohne weiter darauf eingehen zu wollen, möchte ich nur feststellen, dass ich mich erst kürzlich in einer solchen befand und die Chance nutzen wollte, die Alternative für derlei Fälle zu testen: das Automobil.
Noch vor dem Einsteigen fällt auf, dass so ein Auto unverhältnismäßig mehr Platz benötigt als ein Fahrrad. Aus diesem Grund kann die Mehrzahl der Radwege nicht mit dem Auto genutzt werden. Um diesen Mangel auszugleichen, betreiben Städte, Länder und der Bund ein kostenintensives Streckennetz, für das der Steuerzahler eine saftige Rechnung zahlt.

Ähnlich wie bei einem Velomobil sind Passagiere und Fracht durch eine Karosserie vor Umwelteinflüssen geschützt. Nach dem Einsteigen wird einem jedoch klar, warum man das Innere auch als "Fahrgastzelle" bezeichnet: man ist buchstäblich in Blech und Glas eingesperrt und bekommt von seiner Umwelt nicht einmal halb so viel mit wie auf dem Fahrrad. Die Hersteller versuchen, diese Schwäche mit Spiegeln und Warnsystemen zu kaschieren. Mein an angenehm harte Sattel gewöhntes Hinterteil protestiert zudem gegen den viel zu weichen Sitz, der die Bewegungsfreiheit der Oberschenkel begrenzt.

Die Pedale vor dem Fahrersitz dienen lediglich der Steuerung von Motor und Bremse, die Kraft des Fahrers bleibt ungenutzt, stattdessen sorgt ein Motor mit mehreren zehntausend Watt Leistung für Bewegung. Zum Vergleich: Pedelecs kommen mit 250-500W locker aus, so dass ein solcher Motor zunächst verschwenderisch anmutet. Allerdings wiegt das ganze Gefährt so viel wie hundert Fahrräder, was einen derart leistungshungrigen Motor notwendig macht. Dabei stehen dem Fahrer lediglich 5 oder 6 Gänge nebst Rückwärtsgang zur Verfügung - selbst die meisten modernen Nabenschaltungen haben mehr, von Kettenschaltungen ganz zu schweigen, was den ersten Eindruck bestätigt, dass es sich um überholte Technik handelt.

Zudem wird die Mehrzahl dieser Gefährte immer noch mit Verbrennungsmotoren betrieben, die ihre Kraft aus der (hoffentlich) kontrollieren Explosion des jeweiligen Treibstoffs beziehen. Das Ergebnis sind Lärm und giftige Abgase, die unverständlicherweise einfach in Kauf genommen werden. Scheinbar hapert es hier immer noch bei der Umsetzung eines erschwinglichen alltagstauglichen elektrischen Antriebs, wie er sich bei Pedelecs wachsender Beliebtheit erfreut.

Der Eindruck der überholten Technik wird noch verstärkt, als ich kurze Zeit später im Stau stehe, was mir auf dem Fahrrad noch nie passiert ist. Endlich am Ziel angekommen, muss ich das Auto wieder loswerden, um festzustellen, dass das wohl mehr Autofahrer mit dem gleichen Ziel schon mit ihren Blechkästen getan haben, als Plätze dafür vorhanden sind. So brauche ich für eine Strecke, die ich sonst in weniger als einer halben Stunde mit dem Rad fahre, mit dem Auto eine geschlagene Stunde – den Fußweg nicht eingerechnet.

Es erscheint mir völlig unverständlich, warum Pendler, die weniger als 20km auf einer Strecke fahren und keine schweren Lasten transportieren müssen, freiwillig das Auto dem Fahrrad vorziehen.
 
Der Beitrag stammt von Alex Lohr, regelmäßiger Teilnehmer bei der CM Karlsruhe, als Fahrradpendler Überzeugungstäter mit täglich insgesamt 30 km Radelstrecke. 

11 Kommentare:

  1. Alex hat allerdings einen wichtigen Punkt übersehen. Es geht um die große Gefahr, sich bei einem Unfall schwere Kopfverletzungen zuzuziehen und weit und breit ist niemand, der sich endlich darum kümmert, dass eine Helmpflicht für Autofahrer eingeführt wird! ;)

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    1. Das Hauptproblem dürfte dabei die ohnehin schon eingeschränkte Sicht sein. Besser wäre es, die wahnwitzige Geschwindigkeit, für die Autos zugelassen sind, zu reduziere, um das Risiko zu vermindern.

      Offenbar führt das Autofahren nicht nur aufgrund der Sichtverhältnisse zu Problemen mit der Wahrnehmung: der Vorsitzende des AvD beschwerte sich über neue Blitzer in RLP, dass diese nicht der Sicherheit dienten, da sie ja nicht von Warnschildern flankiert würden. Die Schilder, auf denen die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit ​steht, hat er dabei wohl übersehen.

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  2. Nicht nur die eingeschränkte Sicht ist ein Problem von Autofahrern, sie fahren oft dank geschlossener Karosserie auch noch fast taub durch die Gegend und hören Warnsignale anderer Verkehrsteilnehmer, wie z.B. Fahrradklingeln nicht.

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  3. Vielleicht denken deshalb so viele Autofahrer, dass sie berechtigt sind auf Behindertenparkplätzen zu parken! Wenn man nix sieht und nix hört...

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  4. Klasse Beitrag, vielen Dank dafür.

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  5. guter blog sehr schön geschrieben, war bestimmt viel arbeit.

    mfg
    Marco von autoreiniger

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